Rehauer Technik bringt U-Bahnen weltweit in Fahrt

Ohne Elektrizität ist ein moderner Nahverkehr in Großstädten undenkbar.

01.03.2017

Ohne Elektrizität ist ein moderner Nahverkehr in Großstädten undenkbar. Janne Saarinen und sein Entwickler-Team sorgen dafür, dass den Zügen nie der Strom ausgeht. 

Täglich bewegen Janne Saarinen und sein Team Millionen Menschen. Doch die wenigsten Pendler, Touristen und Städtebummler merken etwas davon. Hinter den Kulissen sorgen die Rehauer Entwickler dafür, dass U- und S-Bahnen in Metropolen wie Kairo, Berlin, Helsinki und München nicht mangels Elektrizität stillstehen, sondern durch die engen Schächte und auf hohen Stelzen-Trassen der Nahverkehrssysteme fahren und Menschen transportieren können. Mithilfe von Stromschienen des Polymerspezialisten REHAU decken die Züge ihren Stromhunger. 

Seit 2011 ist der gebürtige Finne Saarinen bei REHAU Leiter des Projekts „Third Rail“, also der dritten Schiene. Doch die Geschichte des Produkts reicht bis weit in das vergangene Jahrhundert hinein. Bereits 1965 brachte das Unternehmen die Abdeckungen der Stromschienen auf den Markt, die für die nötige Sicherheit im Betrieb der Bahnen sorgen sollen. Strom fließt mit bis zu 4500 Ampere durch die Schienen. Käme ein Mensch mit ihnen in Berührung, wäre er wahrscheinlich sofort tot. Nur wenige Jahre später entwickelten die Rehauer die Aufhängung für die Schienen – ebenfalls aus Kunststoff, der später mit Glasfasern verstärkt wurde. Doch Metall war bisher nicht gerade der Schwerpunkt des Unternehmens, das im Werbeslogan seinen Kunden „unbegrenzte Lösungen aus Polymeren“ verspricht. „Nur, wenn man kalkulierte Risiken eingeht, kann man etwas erreichen“, sagt Saarinen und spielt damit auch auf die neuen Werkstoffe an. „Es war eine große Herausforderung“, ergänzt der Ingenieur, der ursprünglich aus der metallverarbeitenden Branche kommt. „Für mich war eher die Arbeit mit Kunststoffen neu“, erklärt Saarinen.

Es sei nicht einfach gewesen, die verschiedenen Materialien zusammenzubringen. Auch das Unternehmen ging laut seiner Aussage ein Risiko ein, schließlich war REHAU mit der Abdeckung und dem Stromschienenträger bereits am Markt etabliert und hatte einen soliden Kundenstamm. 

„2011 fiel die Entscheidung, Komplettlieferant zu werden“, sagt Saarinen. Statt nur noch einzelne Teile zu liefern, stiegen die Rehauer nun in die Produktion ganzer Schienenstränge ein. „Für die Stromschiene haben wir das nötige Know-how und die Patente eingekauft.“ Der Part der Rehauer Entwickler sei dann gewesen, das System noch zu verbessern, erklärt Yvonne Schaller. Sie betreut bei dem Unternehmen das Marketing rund um die „Third Rail“. Unter anderem hatten die Ingenieure genaue Vorstellungen von den Materialeigenschaften ihrer Bauteile.

Der Aufbau des Systems an sich ist relativ simpel. Während der Hauptteil der Schiene aus Aluminium besteht, ist der Teil, an dem später die U- oder S-Bahn den Strom per Abnehmer zieht, aus Edelstahl gefertigt. Eine Herausforderung sei es gewesen, die beiden Werkstoffe zu verbinden. Doch die findigen Ingenieure schafften das: sie kombinierten Bewährtes mit neuen Ideen. Bei Abdeckungen oder Schienenträgern konnten sie auf vorhandenes Wissen zurückgreifen.

„Insgesamt umfasst das System etwa 20 Bauteile“, sagt Yvonne Schaller. „15 Teile davon wurden neu entwickelt.“ Das System auf den neuesten – und vor allem energieeffizientesten – Stand zu bringen, schien also kein Problem gewesen zu sein. Schwieriger stellte es sich schon dar, die dritte Schiene auch an den Kunden zu bringen. „Alte Eisenbahner zu überzeugen ist sehr schwer“, weiß Saarinen und schmunzelt. 

Doch nur ein Jahr, nachdem das Projekt ins Leben gerufen worden war, gewannen die Rehauer schon die erste Ausschreibung: Die umfasste ein Komplettsystem für 15 Kilometer Schienennetz der Kairoer U-Bahn. 

„Es ist ganz unterschiedlich“, sagt der Entwickler. „Manchmal dauert es von den ersten Gesprächen bis zur Verwirklichung eines Projekts nur Wochen, manchmal aber auch Jahre.“

Bei der Entwicklung ihres Systems waren die Rehauer darauf angewiesen, ihr Produkt vollständig kompatibel zu anderen, bereits bestehenden Schienen zu machen. „Wenn ich freie Hand hätte, dann hätte ich schon Tausende weitere Ideen, was man mit solchen Stromschienen machen kann“, sagt Saarinen. 

Aktuell sind in Rehau fünf Personen allein für das Third-Rail-Projekt zuständig. Weltweit sind es 15 Personen, die vor allem im Vertrieb und der Kundenbetreuung tätig sind. Mit großen Hallenkränen wuchten die Monteure in einer Fabrikhalle der Firma die zwölf bis 18 Meter langen Eisenbahnschienen zwischen den Maschinen umher, die alle Komponenten des Systems, den Aluminium-Teil wie den aus Edelstahl, verbinden. 

Im Anschluss gehen die Stromschienen von REHAU aus in alle Welt. „In Europa werden auch U- und S-Bahnen modernisiert“, sagt Janne Saarinen. „Unser Schwerpunkt liegt aber klar im Ausland.“ Und hier vor allem im Neubau der öffentlichen Transportlinien. In Südostasien, Indien und Südamerika sieht er aktuell das größte Entwicklungspotenzial. Auch Russland sei ein großer Markt. „Dort ist die Situation aber zurzeit extrem schwierig“, relativiert der Projektleiter. 

Die Zahlen sprechen auch ohne den russischen Markt für sich. Seit dem Jahr 2011 haben sich die Umsätze laut Unternehmensangaben verdreifacht. „Aktuell wachsen wir noch schneller als in der Vergangenheit“, ergänzt Saarinen. Sein Einsatz ist gefragt: „Wir müssen überall auf der Welt präsent sein“, weiß der Ingenieur. Das schlägt sich auch in seinen Flugstunden nieder. Mindestens einmal im Quartal ist er in Südostasien unterwegs – und dann gleich für mehrere Wochen. Bald stehen Großprojekte unter anderem in Malaysia und Indonesien an. „Da wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren viel gebaut“, sagt Saarinen. „Und wir sind bereits heute vor Ort.“

Christopher Michael, Frankenpost

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