Doch was haben Thermoplast-Composites mit Nachhaltigkeit und Green Energy zu tun? 

Es handelt sich um außergewöhnliche Werkstoffe, die bezüglich der Anwendungen enorme Möglichkeiten bieten und hiermit verbunden auch zur Ressourcenschonung und damit zum Thema "Nachhaltigkeit" einen hohen Beitrag leisten können. Und genau da kommen Dr. Ahmad Al-Sheyyab und sein Team von der Technology Platform Composites ins Spiel – mit Leidenschaft arbeiten sie täglich an der Erforschung und Entwicklung von Verbundwerkstoffen und deren Verarbeitung. Ihr Ziel ist es, bestehende Produkte durch verbesserte Eigenschaften wie z. B. Wärmedämmung, Gewichteinsparung und Steifigkeit zu verbessern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen.

Was genau macht Verbundwerkstoffe bzw. Composites für REHAU so spannend? 

Ein Beispiel ist die Entwicklung eines dynamischen Windkraftflügels. Er trägt dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen. Das Marktpotenzial ist groß. Aktuell erlebt die Windenergie-Industrie neuen Auftrieb. „Genial, wenn REHAU auf diesem Feld seine Kompetenz-Karten zu Wettbewerbsvorteilen ausspielen kann“, begeistert sich Ahmad.  Gemeinsam mit Industrial Solutions und dem REHAU Technikum gelang es 2020 in einem Vorentwicklungsprojekt das bislang Unmögliche auf den Weg zu bringen. Mit dem Ziel, die gleiche Entwicklung wie bei anderen strömungsdynamischen Schaufeln (Flugzeuge, Schiffe, Raketen) zu erreichen, entwickelte REHAU in diesem Projekt ein reines Polymersystem, bei dem keine metallischen Strukturmaterialien eingesetzt wurden.
 

Wo liegen zukünftig weitere Chancen für REHAU?

Auch in der Bauindustrie arbeitet man verstärkt daran, neue Potenziale für Composite-Technologien in Bau- und Infrastrukturmärkten zu identifizieren, denn Thermoplast-Composites sind im Vergleich zu den traditionellen Baustoffen (Stahl, Holz und Aluminium) in der Tat ein Hightech-Werkstoff, aber in der konservativen und preissensiblen Bauindustrie sind sie noch nicht als solcher anerkannt. Um die Technologieentwicklung bei uns im Haus weiter voranzutreiben und neue Felder aufzugreifen, wurde die Investition in den Ausbau der Composite Anlage erst kürzlich positiv beschieden.

Schon immer habe REHAU in Material und funktionellen Möglichkeiten gedacht, sagt Al-Sheyyab, und nennt als Erfolgsbeispiel das Fensterprofilsystem GENEO. "Heute setzen wir unser Können noch zielgerichteter, markt- und chancengetriebener ein als früher", so der Leichtbauexperte. Für jüngste Fenster-Generationen arbeiten die Composite-Spezialisten zusammen mit Window Solutions aktuell an der Realisierung großdimensionaler Fensterprofile aus thermoplast-basierten Composites. "Das ist technologisch eine große Chance für uns."

Die größten Chancen für den Einsatz von Composites sieht der Teamleiter auch in den Bereichen Leichtbau und Transport. "Es braucht jedoch Zeit und Geduld", so seine Einschätzung, "um den Durchbruch in klassischen Märkten zu schaffen und nachhaltig Kunden- und Marktakzeptanz sowie Infrastruktur und Anlagetechnik aufzubauen." 
Gerade hier, wenn es um Leichtbau geht, erklärt Ahmad, bieten Composites viele Vorteile gegenüber Metallen: nicht nur durch Gewicht- und CO2-Einsparung, sondern auch durch Korrosionsbeständigkeit und die Möglichkeit weitere Funktionen in das Material zu integrieren.

"Die genannten Beispiele zeigen, dass die Kooperation mit den Divisionen bereits sehr gut läuft, unabhängig davon, ob wir eine neue Material, Verfahrens- oder Produktidee entwickeln und diese in den Divisionen vorstellen oder ob die Divisionen mit einem Bedarf, sprich einer Anforderung an Composite Lösungen auf uns zukommen. Um zukünftig jedoch noch besser zu verstehen, was unsere Kunden brauchen", erklärt Ahmad, "dürfen wir nicht mehr nur von den Möglichkeiten auf der Technik- und Materialseite kommen, sondern müssen die Kundenbedürfnisse viel stärker von Anfang an mit in die Entwicklung einbeziehen."

Mit welchen Worten würdest du deine Arbeit und dein Team beschreiben?

"Die Mischung macht's!", entgegnet Al-Sheyyab spontan und die Begeisterung, mit der er über seine Arbeit spricht ist ansteckend. Der Mix aus Forschung und Entwicklung, die Kombination aus Praxis und Theorie macht die Arbeit so abwechslungsreich. "Wir haben mit den unterschiedlichsten Märkten, Kunden und internen Abteilungen zu tun", erklärt er weiter, "und es gibt so unglaublich breite Anwendungsbereiche mit diversen Entwicklungsschwerpunkten und -ausrichtungen."

Die Leidenschaft, die auch nach 14 Jahren in der Composite Forschung und Entwicklung nicht abgeflacht ist, teilt Ahmad mit seinen Teamkollegen Stephan, Nils und Manuel. Das Entwicklungsteam Composites vereint unterschiedlichste Fachkompetenzen wie Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Chemie und Materialwissenschaft, sowie Produktentwicklung und Konstruktion. Diese Diversität zeichnet das Team aus, denn bei der Entwicklung neuer Composites-Lösungen entfaltet das Know-How jedes einzelnen erst im Austausch und in der Kombination miteinander seine volle Wirkung. Auch hier bestätigt sich also: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile…